Fragen, allerdings viel zu spät gestellt.

Johann Hassler

Geburtsdatum 9.8.1922
Geburtsort Dellach
Todesdatum 30.5.1945
Todesort Oberaudorf

Johann Hassler war der um zwei Jahre jüngere Bruder des Wehrmachtsdeserteurs und SOE-Mitarbeiters Stefan Hassler. Johann Hassler lebte und arbeitete am elterlichen landwirtschaftlichen Anwesen in Grientschnig bei Dellach. Nach Angaben seiner Geschwister war er ein blasser und kränklicher Bursche und das soll auch der Grund dafür gewesen sein, dass er nicht zur Wehrmacht eingezogen wurde.

Es gibt in britischen Dokumenten klare Hinweise darauf, dass Johann Hassler – wie sein Bruder Stefan – in Oberkärnten und Osttirol Kurierdienste für den britischen Geheimdienst SOE zwischen Pirkach und dem Villgratental geleistet hat. Am Partisanenüberfall in Eben am 2. November 1944 (siehe Stefan Hassler) war Johann Hassler jedoch nicht beteiligt.

Dennoch wurde er gemeinsam mit seinen Eltern Ludwig und Stefanie Hassler zwei Tage später von der Dellacher Gendarmerie verhaftet. Hinweise auf eine Beteiligung an dem Überfall hatte die zweimalige Durchsuchung des Hofes nicht erbracht. Die Gründe für die Festnahmen sind in der Chronik des Gendarmeriepostens Dellach angeführt: „4.11.1944. Der Bauer Ludwig Hassler, vlg. Stoffler in Grientschnig, dessen Gattin Stefanie und der zweiundzwanzig Jahre alte Sohn Johann wurden wegen Hoch- und Landesverrat und Teilnahme am Raub festgenommen und in das Gefängnis beim Amtsgerichte in Spittal/Drau zur Verfügung der Geheimen Staatspolizei eingeliefert. Die Genannten haben in ihrem Hause fahnenflüchtigen und staatsfeindlichen Personen, welche bewaffnet gegen die Staatsgewalt auftraten, Unterschlupf geboten und diese auch verpflegt.“ 1944 wussten die Gendarmen genau, warum sie die Familie Hassler verfolgten: wegen Unterstützung von Widerstand gegen jenes Regime, dem sie dienten.

Der Gendarm Georg Maier eskortierte Johann Hassler und seine Eltern per Bahn nach Spittal zur Übergabe an die Gestapo. Am Bahnhof Spittal gelang Johann Hassler die Flucht. Offenbar wusste er keine anderen Zufluchtsorte und kehrte in die Nähe seines 35 Kilometer entfernten Elternhauses zurück. Am folgenden Tag wurde er in der Ortschaft Weinberg einige hundert Meter oberhalb seines Elternhauses von einem Zellenleiter der örtlichen NSDAP entdeckt, nach späteren Aussagen seiner Mutter von diesem grob misshandelt und der Gendarmerie übergeben. Derselbe Gendarm wie am Vortag überführte ihn neurlich nach Spittal und lieferte ihn der Gestapo aus.

Über die Gestapo-Haft in Spittal und Klagenfurt sind keine Quellen erhalten. Ein Gerichtsverfahren wegen krimineller Tatbestände gab es nicht. Die Gestapo verfrachtete ihn vielmehr gemeinsam mit seinem Vater in einen Zugwaggon und deportierte die beiden mit einem Häftlingstransport in das KZ Dachau. Dort erhielt Johann Hassler am 11. Jänner 1945 die Häftlingsnummer 138019. Die SS führte ihn in der Kategorie „Schutzhaft“. Im Unterschied zur Behauptung der Gendarmerie Dellach/Drau und der Kärntner Landesregierung in den Jahren 1946 bis 1951 hielt die SS Johann Hassler also nicht wegen Diebstählen oder anderen kriminellen Delikten, sondern dezidiert aus politischen Gründen im Konzentrationslager gefangen.

Nach Aufzeichnungen des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau erlebte Johann Hassler die Befreiung durch die US-Armee, und zwar im Außenlager Rosenheim, wohin er gemeinsam mit 200 weiteren Häftlingen verlegt worden war. Doch die Haftbedingungen hatten Johann Hassler derart zugesetzt, dass er die Befreiung nicht lange überlebte. Er starb einen Monat später im Krankenhaus Oberaudorf an den unmittelbaren Folgen der Haft.

Als Todesursache wurden Herzinsuffizienz, Tbc, Pleuritis, Pneumothorax, Herz- und Kreislaufschwäche angegeben. Eine Fotografie, die seine Mutter Stefanie 1946 von einem Mithäftling aus Villach erhalten hat, zeigt Johann völlig ausgezehrt und in Sträflingskleidung aufgebahrt in einer Kapelle liegen.

An einer Gedenktafel für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges an der Aufbahrungshalle in Dellach ist auch ein Foto von Johann Hassler angebracht. Dass er nicht im Krieg gefallen ist, sondern ein Widerstandskämfper war und von der lokalen Gendarmerie an die Gestapo ausgeliefert, nach Dachau deportiert worden und an den Folgen der Haft gestorben ist, erfährt man dort nicht.

Siehe auch Georg Dereatti, Ludwig und Stefan Hassler, Hubert Mayr, Rudolf Moser, Robert Schollas

Quellen

Chronik des Gendarmeriepostens Dellach/Drau (DÖW 17858/3); Archiv der KZ-Gedenkstatte Dachau (9.4.2003); KLA KLR-4 2625/5; KLA LGK 17Vr404/46; Volkswille, 8.6.1946; Interviews mit Paula de Zordo (27.5.2004), Ludwig Hassler (4.4.2003), Josef Hassler (27.5.2004), Siegfried Hassler (27.5.2004), Lorenz Oberhauser (20.7.1996/April 2000); Pfarre Dellach, Geburts- und Taufmatriken, Domus VII; National Archives London, HS6/850.