Jeder von uns ist nur ein Mensch, nur ein Versuch, ein Unterwegs.

Johann Maier

Geburtsdatum 18.9.1888
Geburtsort Greifenburg
Todesdatum 22.3.1945
Todesort KZ Mauthausen

Johann Maier wuchs mit zwei Geschwistern in einer alteingesessenen, gutbürgerlichen Familie in Greifenburg auf. Zu dem Anwesen gehörten eine Pferdezucht, ein Gasthaus mit einer Kegelbahn, eine Landwirtschaft und ein Sägewerk. Vor diesem wohlhabenden Hintergrund genoss Johann Maier Anfang des 20. Jahrhunderts eine Ausbildung, wie sie im ländlichen Umfeld damals vermutlich eher eine Ausnahme darstellte.

Dies lässt sich aus Porträtzeichnungen schließen, die seine Signatur tragen. Die sorgfältig mit Bleistift ausgeführten Arbeiten sind in seinem Nachlass erhalten geblieben. Sie gehören zu den wenigen Erinnerungsstücken an ihn. Eine der Zeichnungen ist mit 25. November 1908 datiert. Eine Eintragung verrät, dass Hans Maier sie im Fach Freihändiges geometrisches Zeichnen an der Staatsrealschule Klagenfurt angefertigt hat. Er war zu diesem Zeitpunkt 20 Jahre alt und beschäftigte sich, wie eine ebenso erhaltene Planskizze zeigt, auch mit dem Bau eines Gehsteiges entlang der Straße, die durch Greifenburg führte.

Nach seiner Ausbildung in Klagenfurt lebte Hans Maier vermutlich wieder in Greifenburg, Zeugnisse davon liegen derzeit keine vor. Wir wissen auch nicht, ob er als Soldat im Ersten Weltkrieg gedient hat. Sein Bruder Michael kam im Jahr 1924 aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück und übernahm den elterlichen Betrieb. Offenbar bezahlte er Hans dessen Erbteil aus, davon abgesehen wurde ihm freie Kost und Logis eingeräumt. Kost und Logis nahm Hans zunächst aber nicht in Anspruch, stattdessen machte er sich mit dem Geld auf eine große Reise: Das Ziel war Südafrika.

Wie lange diese ungewöhnliche Reise dauerte und zu welchem Zweck sie unternommen wurde, ist nicht überliefert. Die Erzählung ist die, dass Hans, nachdem das Geld aufgebraucht war, wieder nach Greifenburg zurückkehrte und im Elternhaus wohnte. Wie er seine Tage verbrachte und ob er einer beruflichen Tätigkeit nachging oder einfach nur Kost und Logis genoss, auch das liegt im Dunkeln.

In Greifenburg bekannt gewesen ist aber, dass Hans homosexuell war. Mit seinen diesbezüglichen Avancen eckte er im Markt an. Der nächste nachvollziehbare Einschnitt kam im Jahr 1933 oder 1934, Hans war damals bereits 45 bzw. 46 Jahre alt. Sein Bruder Michael kam bei einem Holzunfall ums Leben, dessen Frau war schon 1930 gestorben. Das Anwesen wurde in der Folge als Ganzes verpachtet, womöglich zugunsten der Kinder des verstorbenen Ehepaares. Es ist wahrscheinlich, dass Hans damit auch freie Kost und Logis verlor.

Genau nachweisbar ist, dass Hans Maier im Jahr 1934 von Greifenburg nach Wien gezogen ist. Am 4. September meldete er in Wien seinen Zuzug. Seine Wohnung befand sich am Wiedner Gürtel. Dieser erste Wien-Aufenthalt dauerte allerdings nur etwas mehr als zwei Wochen, dann kehrte er wieder nach Greifenburg zurück, wo er – stimmen die Aufzeichnungen des Meldeamtes – bis Anfang Oktober 1939 blieb.

Es war der letzte lange Aufenthalt in Greifenburg. Familiäre Erinnerungen an diese Zeit gibt es nicht, da die Kinder des verstorbenen Bruders bei Verwandten in ganz Kärnten verstreut aufwuchsen. Die Vermutung, dass Hans Maier Greifenburg wegen Anfeindungen aufgrund seiner Homosexualität wieder verlassen wollte, liegt nahe, entsprechende Erzählungen gab es zumindest. Er überwinterte bis April 1940 in Wien, an derselben Adresse wie schon fünf Jahre zuvor. Im Frühjahr 1940 kehrte er nach Greifenburg zurück, wohl aber nur für kurze Zeit, denn die Aufzeichnungen des Meldeamtes zeigen, dass er sich im Sommer 1940 in Bad Gastein aufhielt.

Aufgrund der Meldedaten lässt sich sagen, dass Hans Maier im Kurhaus in Bad Gastein Beschäftigung gefunden hat und bis Oktober 1941 durchgehend dort lebte. Dann war er wieder zwei Monate in Wien an der bekannten Adresse, bevor er sich wieder in das Kurhaus Bad Gastein abmeldete. Die Beschäftigung dort endete im Oktober 1942. Bis zum 5. September 1944 lebte er dann durchgehend in Wien, in dieser Zeit soll er auch Korrespondenz mit einem Neffen geführt haben. Er soll damals in einer Druckerei tätig gewesen sein. Dann, am 5. September 1944, die Eintragung auf dem Meldeblatt: „abgemeldet: Mauthausen“.

In den Aktenbeständen des Wiener Landesgerichtes waren keine Dokumente über eine mögliche Gerichtsverhandlung gegen Hans Maier auffindbar. Es liegt also nahe, dass er von der Gestapo festgenommen und in das KZ Mauthausen deportiert wurde, und zwar schon am 28. Juli 1944, wie ein Auszug aus dem Häftlingszugangsbuch des KZ beweist. Der Zugang ist unter der politischen Abteilung zu finden. Seine Häftlingsnummer war 81432, er wurde aus dem Außenlager Linz III nach Mauthausen überstellt, befand sich also wohl schon seit längerer Zeit in der Gewalt der SS.

Hans Maier trug den rosa Winkel der homosexuellen Häftlinge. Er war einer der bisher eruierten 243 Häftlinge in Mauthausen, die wegen des Homosexuellen-Paragrafen verhaftet wurden. Auch das geht aus den Aufzeichnungen hervor, die im KZ gemacht wurden. Dort findet sich auch ein Hinweis auf den Beruf. Hans Maier war vor seiner Deportation offenbar Portier, das fügt sich zu den Aufenthalten im Kurhaus Bad Gastein.

Im Totenbuch des KZ Mauthausen finden sich nur einige wenige Angaben: Johann Maier starb ab 22. März 1945 im Alter von 57 Jahren im sogenannten Sanitätslager, das in Wirklichkeit ein Todeslager für abgearbeitete, völlig entkräftete Häftlinge war. Als Todesursache trug der SS-Arzt Kreislaufschwäche und allgemeinen Körperverfall ein.

In den 1960er Jahren hat die Gemeinde Greifenburg an der Friedhofskirche eine Tafel angebracht, auf der neben Gottlieb Demoser, der aus politischen Gründen verfolgt worden war und im KZ Lublin starb, an Johann Maier erinnert wurde. Von der Tafel findet sich heute keine Spur, sie blieb nicht lange hängen.

Quellen

Zeichnung aus dem Nachlass der Familie Maier; DÖW 20769; Archiv der KZ-Gedenkstatte Mauthausen; WSTLA Mitteilung vom 27. Mai 2005; Interview mit Hermann Maier, 26.8.2005.

Literatur

Historikerkommission (Hg.): Niko Wahl: Verfolgung und Vermögensentzug Homosexueller auf dem Gebiet der Republik Österreich während der NS-Zeit, Wien 2002; Burkhard Jellonek/Rüdiger Lautermann (Hg.): Nationalsozialistischer Terror gegen Homosexuelle. Verdrängt und ungesühnt, Paderborn 2002