Er störte den „Aufbau des neuen Deutschlands“.

Peter Paul Lindner

Geburtsdatum 18.9.1902
Geburtsort Nussdorf
Todesdatum 30.4.1944
Todesort KZ Lublin

Peter Lindner, von Beruf Drucker, verfügte seit 23. Mai 1933 in Steinfeld über einen ständigen Wohnsitz. Er lebte mit seiner Frau Anna und den gemeinsamen fünf Kindern im Armenhaus der Gemeinde. Mitte der 1930er Jahre war er als Vertreter der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung Neubauer tätig. Im Februar 1938 trat er dem Konsum- und Sparverein „Vorwärts“ in Spittal/Drau bei.

Peter Lindner war ein Gegner des Nationalsozialismus. Nach dem „Anschluss“ soll er gemeinsam mit einem Freund Flugblätter gegen das NS-Regime verfasst und verteilt haben. Im Jahr 1939 wurde Peter Lindner verhaftet und in eine sogenannte „polizeiliche Vorbeugungshaft“ genommen. Mit diesem Instrument war die Polizei ermächtigt, unter Ausschaltung der Gerichte neben angeblichen „Berufs- und Gewohnheitsverbrechern“ jeden, der „durch sein asoziales Verhalten die Allgemeinheit gefährdet“, in ein KZ einzuliefern. Der Vorwurf der „Asozialität“ diente den Nationalsozialisten oft als Vorwand, um arbeitslose, unangepasste oder missliebige Personen in ein KZ einzuweisen und der entschädigungslosen Zwangsarbeit zu unterwerfen.

Aus welchen Gründen Peter Lindner am 7. Dezember 1939 tatsächlich in das KZ Sachsenhausen bei Berlin eingeliefert wurde, geht aus den vorhandenen Quellen nicht hervor. Das KZ Sachsenhausen war eines jener neu errichteten Lager, in denen das NS-Regime „überflüssige Existenzen“ unter dem zynischen Banner „Arbeit macht frei“ aus der Gesellschaft aussonderte, weil sie den „Aufbau des neuen Deutschland“ stören würden.

Die SS verzeichnete Peter Lindner mit der Häftlingsnummer 8412. Am 20. Februar 1940 wurde er in ein anderes Lager transportiert (welches, ist nicht bekannt), am 8. August 1940 wieder zurück nach Sachsenhausen. Er erhielt eine neue Häftlingsnummer: 7905. Neun Monate später, am 21. Mai 1941 (die Familie erhielt inzwischen ein Paket, Inhalt: einige persönliche Habseligkeiten wie ein Taschentuch und ein Rasiermesser, Absender: „erkrankter Peter Lindner“), schickte ihn die SS neuerlich auf Transport, nun in das KZ Natzweiler in den Vogesen südlich von Straßburg, das erst im Mai fertiggestellt worden war.

Inzwischen versuchte Anna Lindner, ihrem Mann zu helfen. Schon im Jänner 1940 hatte sie beim Reichskriminalpolizeiamt um eine Entlassung ihres Mannes aus der Vorbeugehaft angesucht. Sie erhielt eine Ablehnung und den Ratschlag, von weiteren Ansuchen abzusehen. Doch Anna Lindner bemühte sich weiter. Es war vermutlich die Intervention einer ihr bekannten Leiterin einer Kuranstalt, die zur Folge hatte, dass Peter Lindner am 2. März 1942 auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin aus dem KZ Natzweiler entlassen wurde. Doch lange konnte sich die Familie nicht freuen. Bald nach seiner Rückkehr nach Steinfeld wurde Peter Lindner zur Luftwaffe eingezogen und an die Ostfront geschickt.

Dort soll Peter Lindner versucht haben, die Truppe zu verlassen und zur Roten Armee überzulaufen. Er wurde jedenfalls am 8. Jänner 1943 von einem Kriegsgericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Genau einen Monat später entwich er aus der Haft. Die Flucht ist ihm nicht gelungen, er wurde neuerlich festgenommen.

Ein Mithäftling, Balthasar Striednig aus Obervellach, bezeugte nach dem Krieg, dass er bis April 1944 gemeinsam mit Peter Lindner im KZ Majdanek in Lublin (Polen) gefangen war. Er wusste ferner zu berichten, Peter Lindner habe ihm erzählt, wegen dem Verbreiten von Spottwitzen über Hitler und Göring in das KZ eingeliefert worden zu sein. Peter Lindner überlebte das KZ nicht. Im Jahr 1964 legte das Landesgericht Klagenfurt den Todestag mit 30. April 1944 fest. Die Rote Armee befreite Majdanek am 23. Juli 1944.

Anna Lindner gelang es nach der Befreiung vom Nationalsozialism nicht, das Land Kärnten davon zu überzeugen, dass ihr Mann Opfer nationalsozialistischer Verfolgung geworden war.

Quellen

Dokumente aus dem Nachlass von Anna Lindner, Kopien im Besitz des Autors u.a.: Entlassungsschein KZ Natzweiler 2.3.1942, Schreiben Amt für Vollstreckungs- und Gnadensache der Luftwaffe 2.10.1943, Brief Balthasar Striednig 10.3.1959; Beschluss LG Klagenfurt, 3T117/62-15; Archiv Gedenkstätte Sachsenhausen D 1 A/1024, Bl. 458, JSU 1/95, Bl. 056, D 1 A/1196, Bl. 279, JSU 1/95, Bl. 274; D 1 A/1220, Bl. 003, 012: Interview mit Reinhold Lindner, 19.5. 2005/20.6.2005.