Verder weet ik geen nieuws meer als dat ik naar huis verlang...

Marinus Oosterom

Geburtsdatum 17. Oktober 1921
Geburtsort Ouderkerk aan den IJssel
Todesdatum 8. Juni 1944
Todesort Greifenburg

Im Februar 1943 arbeitete der 22-jährige Marinus Oosterom in einem Sägewerk in seinem Heimatdorf Ouderkerk aan den IJssel, als deutsche Soldaten auftauchten und den Betriebsleiter aufforderten Arbeiter für die Verschickung nach Deutschland bereitzustellen. Der Betriebsleiter weigerte sich und ergriff die Flucht. Marinus Oosterom und sein Freund Willem Dekker wurden jedoch gezwungen, der Aufforderung nachzukommen.

Für die Rekrutierung von Zwangsarbeitern in den seit Mai 1940 von NS-Deutschland besetzten Niederlanden war der aus Kärnten stammende Höhere SS- und Polizeiführer Hanns Albin Rauter verantwortlich.  Als „Generalkommissar für das Sicherheitswesen“ in den Niederlanden ließ er etwa 300.000 Menschen zur Zwangsarbeit in das Deutsche Reich bringen. Einer dieser Verschleppten war Marinus Oosterom. 

Die erste Station war das Durchgangslager Bergholz-Rehbrücke in der Nähe von Potsdam. Von hier aus wurden Zwangsarbeiter aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden an Rüstungsbetriebe verteilt. Marinus Oosterom und Willem Dekker wurden zur relativ kleinen Firma Thermo Technik in Berlin geschickt. Insgesamt waren etwa 25 Personen in der Fabrik beschäftigt. Bereits im September 1943 erfolgt wegen der alliierten Bombenangriffe die Verlagerung der Produktion nach Greifenburg in Kärnten. Die Firma soll nun in der Betriebshalle der stillgelegten Lodenfabrik Bergleitner wärmetechnische Test- und Messgeräte für U-Boote herstellen.

Von Beginn an funktionierte der Betrieb nicht wie geplant. Insbesondere die Versorgung mit Elektrizität war mangelhaft, da die zur Verfügung stehenden Kleinkraftwerke in Greifenburg und Steinfeld nicht ausreichend Strom produzierten. So kam es immer wieder zu Stromausfällen. Für die Arbeiter hatte dies den Vorteil, dass die Produktion oft Stillstand und wenig zu tun war. Zugleich waren die Installationen jedoch unsicher. Am Donnerstag, 8. Juni 1944, erlitt Marinus Oosterom bei der Montage von Lampen in der Halle einen tödlichen Stromschlag.

Sein Freund Willem Dekker organisierte die Bestattung. Der Leichnam wurde am Friedhof in Greifenburg beerdigt, das Begräbnis zelebrierte der evangelische Pfarrer Oskar Hengstenberger aus Spittal. Als Verwandte in den 1950er Jahren das Grab suchten, fanden sie es nicht mehr.

Während dem Aufenthalt in Greifenburg schrieb Marinus Oosterom zahlreiche Briefe und Postkarten nach Hause, an seine Verlobte Rika Krijgsman, an seine Eltern und seine drei Geschwister. Die Briefe sind vor allem ein Zeugnis seines Heimwehs und seiner Liebe zu Rika.  

Im Vergleich zu Zwangsarbeitern aus Polen und der Sowjetunion waren die Lebensbedingungen für Zwangsarbeiter aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich besser. Den Kontakt zur lokalen Bevölkerung beschrieb Marinus Oosterom als gut. Untergebracht war er in einem Zimmer des Gasthof Assam. Dort wurden die Zwangsarbeiter auch verpflegt. In Greifenburg war – anders als in Berlin – vom Krieg kaum etwas zu spüren: „Wir sind jetzt in einem schönen Dorf zwischen den hohen Bergen und es ist sehr ruhig. Aber ja, es ist sehr weit weg von zu Hause, es so doppelt so weit wie bis Berlin und das war schon weit. Aber die Tatsache, dass wir nachts ruhig schlafen können, ist auch viel wert, nicht wahr?“

Im Jänner 1944 erhielten Marinus Oosterom und Willem Dekker die Erlaubnis, einen kurzen Urlaub in den Niederlanden zu verbringen. Zuvor mussten sie sich zur Rückkehr verpflichten. Sollten sie flüchten, würden die verbliebenen Zwangsarbeiter der Firma in Konzentrationslager eingewiesen werden.

Im Frühjahr 1944 dürfte sich die Versorgung der Zwangsarbeiter verschlechtert haben. Marinus Oosterom beschrieb in seinem Brief, dass er keinen Stoff mehr erhielt, um die Löcher in seiner Hose zu stopfen.

Die Nachricht vom Tod ihres Sohnes war ein enormer Schlag für die Familie und die Verlobte von Marinus. Sein Freund Willem Dekker schrieb in einem Brief: „Es muss eine harte und traurige Nachricht gewesen sein, dieses Telegram. Und was Rika betrifft, bin ich sicher, dass sie nicht darüber hinwegkommen wird.“ Tatsächlich starb Rika Krijgsman am 4. September 1944, etwa 12 Wochen nach ihrem Verlobten.

Der Historiker Arie Jan Meijer, Mitglied der Historischen Vereinigung von Ouderkerk aan den IJssel, recherchierte die Biografie von Marinus Oosterom im Rahmen eines Projektes zu den Opfern der deutschen Besatzung und des Zweiten Weltkrieges in seinem Dorf. Die Briefe und Fotos befanden sich bei Angehörigen von Marinus Oosterom und der Familie seiner Verlobten. Nach der Kontaktaufnahme mit dem Verein aegide konnten weitere Einzelheiten zur Rüstungsproduktion der Firma Thermo Technik in Greifenburg eruiert werden.

Gemeinsam mit Angehörigen von Marinus Oosterom wurde das Denkmal für die NS-Opfer im Oberen Drautal am 25. Juli 2020 um seinen Namen erweitert.

Quellen

Arie Jan Meijer: "Ich komme lieber mit dem Eilzug nach Hause". Marinus Oosterom in Berlin und Greifenburg; Sterbebuch der Gemeinde Greifenburg; Stefan Karner: Kärntens Wirtschaft 1938–1945, Klagenfurt 1976, 290, 315; Chronik der Firma Bergleitner (mit Dank an Klaus Hafner).